Angeln-Lieder
Wie lieb’ ich dich, mein Angeln – Lieder und Gedichte
„Anglia non cantat“ – „Angeln singt nicht“, hätte Tacitus (um 100 n. Chr.) wohl gesagt, wenn er in seiner „Germania“ auch unsere Landschaft und seine Menschen näher beschrieben hätte. „Angeln kann dat doch!“, erwidern wir ihm heute, wohl wissend, dass es so gut wie keine Gedichte und Lieder aus alter Zeit gibt. „Bei geselligen Zusammenkünften singen die Angler wohl, bei der Arbeit selten, wie sie denn überhaupt nicht sehr zur Munterkeit aufgelegt sind“, schrieb Pastor Jensen, der Angelner Chronist, im Jahre 1847. Entweder sind die alten Lieder in der damaligen angeldänischen Volkssprache damals untergegangen, oder es hat sie nie gegeben. Aufgeschrieben wurden sie jedenfalls nicht, wie überhaupt ja das Angeldänische keine Schriftsprache war.
Erst nach der Gründung der Gesangsvereine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem Aufkommen der Heimatbewegung wurden viele Lieder und Gedichte in hoch- und plattdeutscher Sprache verfasst und verbreitet. Jetzt drohen aber auch diese in Vergessenheit zu geraten. Ein paar von ihnen hatte in den 1980er Jahren die Arbeitsgemeinschaft für Volkskunde unter der Leitung von Hans Frahm gesammelt, später dann vor allem Heinz Bauer aus Munkbrarup. Diese Sammlungen hat der Angler Heimatverein nun ergänzt und das, was an Liedern und Gedichten über die Landschaft Angeln und einzelnen Städten und Dörfern bekannt geworden ist, in einem neuen Buch der „Kleinen Reihe“ zusammengestellt – immerhin 185 an der Zahl! Manche Texte erscheinen uns heute fremd, die patriotischen aus der Kaiserzeit ebenso wie die nationalistischen aus der Zeit der Auseinandersetzung zwischen deutsch und dänisch und der einzige überlieferte Vers aus der NS-Zeit. Nicht unterschieden wurde zwischen „Kunst“ und „Kitsch“; der Chronist zensiert nicht und er moralisiert nicht, weshalb auch der eine oder andere etwas frivole Text Eingang in die Sammlung gefunden hat. Alle Lieder und Gedichte sind aus der Zeit zu verstehen, in der sie entstanden sind:
Aus längst verklungener Zeit
- Angeln zwischen deutsch und dänisch
- Im Kaiserreich
- Zwischen den Weltkriegen
- Neue Zeit – neue Lieder
- Angler Muck und Schunkellieder
- Ostsee, Schlei und Flensburger Förde
- Dörfer und Städte in Angeln
Das Buch trägt den Titel: „Wie lieb ich dich, mein Angeln“ – ein Zitat aus dem Angeln-Lied „In Deutschlands hohem Norden“ von Martin Schmidt, mit dem Heinz Bauer und Elisabeth Schwennesen ihre Liedersammlung anlässlich des 75jährigen Jubiläums des Heimatvereins der Landschaft Angeln im Jahre 2004 überschrieben hatten. Heinz Bauer hat die Herausgabe dieser Schrift nicht mehr erlebt. Ihm zum Dank hat der Heimatverein dieses Heft Nr. 7 der „Kleinen Reihe“ gewidmet. Es umfasst 240 Seiten, kostet 6,00 Euro und ist in der Geschäftsstelle des Heimatvereins in Sörup zu beziehen
Bernhard Asmussen
Schleswig-Holstein, meerumschlungen...
Das Schleswig-Holstein-Lied (Schleswig-Holstein meerumschlungen - der kaum bekannte Titel lautet „Wanke nicht, mein Vaterland“) ist die Landeshymne Schleswig-Holsteins, die erstmals 1844 beim Schleswiger Sängerfest vorgestellt wurde. Die Melodie stammt von dem Schleswiger Kantor Carl Gottlieb Bellmann (1772–1862), und ein ursprünglich von dem Berliner Rechtsanwalt Karl Friedrich Straß geschriebener Text wurde kurz vor dem Fest von dem Advokaten Matthäus Friedrich Chemnitz (1815–1870) - der damaligen politischen Stimmung entsprechend - fast völlig umgeschrieben. In dem Lied wird der Wunsch nach einem geeinten, unabhängigen und deutschen Schleswig-Holstein besungen.
Im Programmfaltblatt zum Schleswig-Holstein-Tag am 23./24. Juli 1994 in Schleswig heißt es u.a.: "Wir können uns heute kaum noch vorstellen, welche Bedeutung ein Lied für die gesellschaftliche und politische Entwicklung haben kann. Früher war das gesungene Lied ein wichtiges Instrument, um auszudrücken, was Menschen fühlten, dachten und wollten. Das gilt besonders für die Zeit vor 150 Jahren, in der Menschen für Freiheit, Demokratie und Einheit in Deutschland eintraten - wie am 24. Juli 1844."
Schleswig-Holstein, meerumschlungen,
deutscher Sitte, hohe Wacht,
wahre treu, was schwer errungen,
bis ein schönrer Morgen tagt!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
wanke nicht, mein Vaterland
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
wanke nicht, mein Vaterland
Ob auch wild die Brandung tose,
Flut auf Flut, von Bai zu Bai:
O, laß blühn in deinem Schoße
deutsche Tugend, deutsche Treu.
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
bleibe treu, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
bleibe treu, mein Vaterland!
Doch wenn inn´re Stürme wüten,
drohend sich der Nord erhebt,
schütze Gott die holden Blüten,
die ein mildrer Süd belebt!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
stehe fest, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
stehe fest, mein Vaterland!
Gott ist stark auch in den Schwachen,
wenn sie gläubig ihm vertrau´n;
zage nimmer, und dein Nachen
wird trotz Sturm den Hafen schau´n!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
harre aus, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
harre aus, mein Vaterland!
Von der Woge, die sich bäumet
längs dem Belt am Ostseestrand,
bis zur Flut die ruhlos schäumet
an der Düne flücht´gem Sand. -
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
stehe fest, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
stehe fest, mein Vaterland!
Und wo an des Landes Marken
sinnend blinkt die Königsau,
und wo rauschend stolze Barken
elbwärts ziehn zum Holstengau. -
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
bleibe treu, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
bleibe treu, mein Vaterland!
Teures Land, du Doppeleiche,
unter einer Krone Dach,
stehe fest und nimmer weiche,
wie der Feind auch dräuen mag!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
wanke nicht, mein Vaterland!
Schleswig-Holstein, stammverwandt,
wanke nicht, mein Vaterland!
Worte: Matthias Friedrich Chemnitz, 1844
Weise: Karl Gottlieb Bellmann, 1844
Die "inn'ren Stürme" weisen auf die damaligen Auseinandersetzungen innerhalb des Herzogtums Schleswig zwischen Deutsch oder Dänisch hin. "Nord" (der Nordwind) meint die als die Bedrohung verstandenen dänischen Bestrebungen, das Herzogtum Schleswig in das dänische Königreich einzuverleiben und damit von Holstein zu trennen. Dagegen steht der "Süd" (Südwind) als Bild für den positiv empfundenen Einfluß aus Deutschland. Wie in der ersten Strophe des „Deutschlandliedes“ ist hier die geografische Ausdehnung Schleswig-Holsteins von der Ostsee zur Nordsee (die Flut) und von der Königsau nördlich Hadersleben bis zur Elbe beschrieben.
Das Bild von der „Doppeleiche unter einer Krone Dach“ beschreibt das angestrebte staatsrechtliche Verhältnis der Herzogtümer Schleswig und Holstein zu Dänemark: Die „Doppeleiche“ hat zwei Stämme, die aus einer Wurzel wachsen, also "stammverwandt" sind. „Unter einer Krone Dach“ heißt, dass Schleswig und Holstein unter dem Schutz der Krone (des Herzog von Schleswig und Holstein) untrennbar zusammengehören. Darum sind die beiden Herzogtümer in dem Lied auch durch einen Bindestrich verbunden. Diskutiert wurde damals nämlich für den Fall des Aussterbens der männlichen Linie des dänischen Königshauses, die beiden Herzogtümer aus dem dänischen Gesamtstaat herauszulösen und einen eigenen Staat unter dem Herzog von Augustenburg zu bilden. Der Begriff „Vaterland“ stand also nicht für Deutschland, sondern für ein deutsches Schleswig-Holstein.
Literatur (Auswahl):
"Freiheit lebet nur im Liede" - Das politische Lied in Deutschland, Bundesarchiv, Koblenz 1992;
Gerd Stolz: Schleswig-Holstein, meerumschlungen... 150 Jahre Schleswig-Holstein-Lied, hrsg. von der Provinzial-Versicherung 1994;
Hans-Otto Tiedemann: Angelner Gesangvereine und das Schleswig-Holstein-Lied, in: Jahrbuch des Heimatvereins der Landschaft Angeln 58/1994, S. 189 ff.